13. Jan. – 24. März
KASTEN 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6
ROLAND ISELIN
WIE ZEIGT SICH SCHAFFHAUSEN?
Roland Iselin, 1958 in Kreuzlingen geboren, machte eine Ausbildung an der Höheren Schule für Soziokulturelle Animation in Zürich (1987–1990) und studierte an der Fotofachklasse der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich (1991–1994). Austauschsemester an die New Yorker School of Visual Arts (1993) und Abschluss Master of Fine Arts in bildender Kunst der School of Visual Arts (1999–2001). Seine Arbeit ist auf der Website www.rolandiselin.org dokumentiert.
Gespräch mit Roland Iselin, Zürich, Anfang Dezember 2018
Aufgezeichnet von Laura Neumann
Wie zeigt sich Schaffhausen?
Den Radius erweitern, aus dem alltäglichen Blickfeld ausbrechen und dabei Neues entdecken. Das hat der Thurgauer Fotograf Roland Iselin für die aktuelle Ausstellung der Schaffhauser Kunstkästen getan. Er zeigt den Betrachtern damit auf, dass es auch im scheinbar Banalen Spannendes zu entdecken gibt.
Die Schaffhauser Altstadt ist bekannt für ihre Erker, die künstlerischen Häuser und Brunnen. Der Blick auf den Munot gehört genauso dazu, wie der Rhein. Doch dazwischen gibt es mehr zu entdecken. Davon war der Fotograf Roland Iselin überzeugt, als er sich mit seiner Kamera durch die Gassen Schaffhausens bewegte. Wie ein Fuchs auf der Suche nach einer Beute, schlich er um die Kunstkästen herum und wurde fündig: Iselins Bilder halten fest, wie sich Schaffhausen abseits vom Tellenbrunnen und der Munotzinne auch zeigt.
Wie zeigt sich ein Ort?
Der Thurgauer Roland Iselin (*1958) studierte soziokulturelle Animation bevor er sich in einer Zweitausbildung vertieft der Fotografie widmete. Die soziokulturellen Fragen begleiten ihn trotzdem weiterhin und sind oft Bestandteil seiner kreativen Arbeiten. Auch für die Kunstkästen stellte sich Iselin die Frage „Wie zeigt sich ein Ort?“ beziehungsweise „Wie zeigt sich Schaffhausen?“.
Iselin hat diese Frage auf seine Art beantwortet; entstanden sind sechs Farbfotografien, welche rund um die quadratischen Ausstellungskästen aufgenommen wurden. Man kann sich gut vorstellen, wie Iselin mit seiner ruhigen Art im Kontext der Kunstkästen Blickwinkel festgehalten hat, welche wir im Alltag nicht wahrnehmen. So wirkt eine Wand voller Briefkastenschlitze durch die Linse seiner Kamera sehr banal und trotzdem interessant. „Ich wünsche mir, dass die Betrachter die Schönheit im Detail entdecken.“, so Iselin.
So ruhig wie der Fotograf wirken auch die Bilder; sie zeigen statische Aufnahmen der Stadt Schaffhausen. Deren Bewohner sind nicht Teil der Bildstrecke und trotzdem ist der Mensch darin präsent. Denn mit unserem Handeln machen wir einen Ort zu dem, was er ist; der Mülleimer am Bahnhof hat ein Mensch an dieser Stelle platziert, genauso wie die Informationstafel für Touristen.
Was verändert die Zeit?
Der Fotograf Roland Iselin will mit seinen Bildern nicht nur aufzeigen, wie der Mensch den öffentlichen Raum gestaltet hat, sondern auch auf die Veränderungen darin aufmerksam machen. Die sechs Bilder welche von Januar – März 2019 in den Kunstkästen zu sehen sind, entstanden im Sommer 2018. So bekommen die Betrachter die Möglichkeit zu vergleichen was sich seither verändert hat. Wo hatte der Mensch seine Finger im Spiel und wo wirkte die Natur? Die Post, welche auf dem Foto noch aus den Briefkästen hängt, dürfte von den Bewohnern mittlerweile entfernt worden sein. Die grüne Hecke am Rheinufer, hat aber durch den Wechsel der Jahreszeiten ihre Blätter verloren. Der Faktor Zeit ist damit das Unterthema von Iselins Bildstrecke.
New York, Zürich, Schaffhausen
Steht man als Betrachter*in direkt vor den Kunstkästen, so kann man den Kontext von Iselins Bilder zwar direkt in der Umgebung einordnen. Schaut man sich die Bilder aber unabhängig davon an, könnte man denken, diese müssen nicht zwingend in Schaffhausen entstanden sein; Hecken, Briefkästen und Mülleimer gibt es nicht nur in der Munotstadt, sondern auch in Zürich und New York. Es war zwar nicht Roland Iselins Absicht mit seinen Bildern die Globalisierung des öffentlichen Raumes zu kritisieren, aber dennoch hofft er, dass wir zukünftig etwas mutiger werden, wenn es darum geht, wie wir unseren Lebensraum gestalten. „Wir Menschen sollten unseren alltäglichen Radius erweitern und neue Einblicke zulassen“ fügt Iselin an. Ganz nach dem Motto „Lappi, tue d’Augen uf“.
Roland Iselin, Zürich, verschiedene Arbeiten 2010-2018
1 Unguided Road Trip, 2010-16
2 Twentysix Gasoline Stations, 2017
3 Revisited: Troubled Land, Union Jack Flag on Orange Hall, County Down, Northern Ireland, 2018
4 Revisited: Troubled Land, Union Jack Flag on Orange Hall, County Down, Northern Ireland, 2018
VERNISSAGE
Alle Bilder: Martin Ulmer
PRESSE